Demokratische Republik Georgiens: Teil II

Bildung & Religion

Demokratische Republik Georgiens – 1918-1921. Eine der vorrangigen Aufgaben des georgischen Staates war der Aufbau eines neuen, nationalen Bildungssystems. Gemäß dem Gesetz über Volksbildung sollte die unabhängige georgische Schule auf einer demokratischen Grundlage beruhen und eine harmonische menschliche Entwicklung gewährleisten. Das Schulsystem bestand aus drei Stufen. Das Hauptziel der Schule war die Erziehung der heranwachsenden Generation, die Bereitstellung einer abgeschlossenen Sekundarschulbildung und die Vorbereitung auf die Hochschulbildung.

Spezielle Kurse wurden geschaffen, um die Schullehrer*innen auszubilden. Der Prozess der Ausbildung von Lehrern wurde in pädagogischen Schulen und im pädagogischen Institut bei der Staatlichen Universität Tbilissi (Direktor – Professor Dimitri Usnadse) ausgeweitet.

Es wurden neue Lehrpläne, Programme und Unterrichtsmethoden erarbeitet. Man hat begonnen, die Lehrbücher in georgischer Sprache vorzubereiten und zu veröffentlichen. Lehrbücher in vielen Fächern wurden aus dem Russischen übersetzt. Die Zahl der Schulen ist gestiegen. Einige wohlhabende Bürger, besonders in ländlichen Gebieten, gründeten Schulen auf eigene Kosten. Die Gesamtzahl der Schulen in Georgien überstieg 2.000.

Demokratische Republik Georgiens, Universität Tbilissi in 20er Jahren

Die meisten Schulen waren ein- und zweijährig. Viele von ihnen hatten noch keine eigenen Gebäude, viele von ihnen hielten die hygienischen Bedingungen nicht richtig aufrecht, es fehlte an Schulmaterialien. Trotzdem zogen die Schulen Schüler aus allen Teilen des Landes an und machte ihr Leben sinnvoll, kreativ und freudvoll.

Neben Georgisch gab es Schulen ethnischer Minderheiten, von denen die meisten aus dem Staatshaushalt finanziert wurden. Der Unterricht wurde in den Muttersprachen der Minderheiten durchgeführt. Die Verfassung von 1921 legte fest, dass «die Grundschulbildung universell, kostenlos und obligatorisch sein soll». [Bildnachweis: Universität Tbilissi in 20er Jahren © tsu.ge]

Gemäß der Bildungsreform wurde mit der Einrichtung und dem Bau von Kindergärten begonnen. Unter der erwachsenen Bevölkerung wurde die Bildung, hauptsächlich des politischen Wissens, durch öffentliche Universitäten gefördert, in denen Minister, Abgeordnete, Schriftsteller, berühmte Wissenschaftler und andere Vorlesungen hielten. Die Eintrittskarten waren kostenpflichtig. Das Geld aus dem Vortrag wurde oft für wohltätige Zwecke verwendet.

Es wurde der Grundstein für das Hochschulsystem gelegt und die wissenschaftliche Forschung entwickelt, deren Zentrum die erste georgische Universität war. Die Universität Tbilissi wurde mit den großen Bemühungen von Iwane Dschawachischwili am 26. Januar 1918 als private Hochschuleinrichtung eröffnet. Laut Beschluss der georgischen Regierung wurde sie aber ab September desselben Jahres zur staatlichen Universität erklärt. Sie hat dabei die innere Autonomie beibehalten.

Religionsfreiheit

Die Demokratische Republik Georgien wurde zu einem säkularen Staat. Deklarativ wurde die Kirche vom Staat und die Schule von der Kirche getrennt. Die Regierung verfolgte eine tolerante Politik, mischte sich nicht in Sektenfragen ein, die Glaubens- und Religionsfreiheit wurde geschützt und das Prinzip der religiösen Gleichberechtigung durchgesetzt. Es war unbegrenzt für religiöse Konfessionen, kulturelle und pädagogische Aktivitäten von Institutionen.

Medienfreiheit

Die Regierung mischte sich in die Arbeit der Medien nicht ein. Diese waren frei. In den Jahren 1918-1921 gab es in Georgien eine breite Palette von Medienausgaben, die verschiedene Themen umfassten: Partei, Militär, Kunst, Literatur, Medizin, Pädagogik, sowie Kinder- und Religionsthemen. Zeitschriften und Zeitungen wurden auch in anderen Sprachen veröffentlicht. Es sollte beachtet werden, dass Städte – Batumi, Kutaisi, Regionen und Selbstverwaltungsorgane ihre eigenen Zeitschriften hatten.

Gemäß der Gesetzgebung der Republik war in Georgien die Gründung und Tätigkeit von politischen oder öffentlichen Vereinigungen von Bürgern, einschließlich Berufsverbänden erlaubt.

Neue Identität, neue Werte

Ein großer Teil der Bevölkerung Georgiens verband seine Identität mit dem georgischen Staat – der Demokratischen Republik Georgien – und teilte die Werte, die nach der neu geschaffenen souveränen Republik etablierten. Die Menschen liebten die Staatssymbole: die dreifarbige Flagge, die Hymne und das Wappen mit dem Bild von Hl. Georg.

Wappen der Demokratischen Republik Georgiens
Wappen © www.26may.ge
Flagge der Demokratischen Republik Georgiens
Flagge © www.26may.ge

Nach hundertjähriger russischer Besatzung hatten die Menschen ganz andere Gefühle gegenüber den neugegründeten Staat. Die Heimat und die Muttersprache erhielten eine neue Bedeutung für sie. Die Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag, dem 26. Mai, die 1919 und 1920 in den Städten und Dörfern Georgiens stattfanden, waren beeindruckend und sind wirklich Volksfeste geworden. „Ich genieße unsere Unabhängigkeit. Unabhängigkeit ist wahre Nahrung. Die Menschen bekommen jeden Tag etwas zu essen, aber es wird ihnen nie langweilig!“ – sagte der berühmte Bildhauer und Autor der Flagge der Ersten Republik Georgien, Jakob Nikoladse.

Quelle: «Georgien von 100 Jahren» von Otar Dschanelidse